Wäre der politische Aschermittwoch der Freien Wähler nicht wegen des Zugunglücks in Bad Aibling abgesagt worden: Landrat Peter Dreier hätte sicher auch dort klare Worte zur momentanen Lage in Deutschland gefunden. Vergangenen Sonntag nutzte der wohl bekannteste Landrat Deutschlands die Möglichkeit, neben dem Kreisvorsitzenden der Freien Wähler (FW), Ludwig Robold, beim politischen Frühschoppen in Ergoldsbach zu sprechen.

Neben dem Ergoldsbacher Bürgermeister und Kreisvorsitzendem der FW Ludwig Robold, der dritten Bürgermeisterin Heike Berger, den anwesenden Marktgemeinderäten, den Vertretern mehrerer FW-Ortsverbände sowie aller Anwesenden konnte der Ortsvorsitzende Konrad Schweiberger im vollbesetztem Gasthaus Dallmaier auch Peter Dreier, der laut Hans Rampf „vom Showman soweit entfernt ist wie wir vom Mond“, begrüßen. Nach weiteren kurzen einleitenden Worten übergab Schweiberger das Wort an Ludwig Robold.

 

Der Bürgermeister ging in seinen Ausführungen auf die aktuellen Belange der Kommunen ein.

So erläuterte er neben der Verbesserung der Trinkwasserversorgung durch den neuen Brunnen in Burkhart und der Aktivkohlefilterung des Pattendorfer Brunnenwassers auch das momentan wieder steigende Verkehrsaufkommen im Markt, das sich wohl erst nach Anschluss der B15neu an die A92 und Fertigstellung des Zubringers zwischen Ergoldsbach und Neufahrn wieder reduzieren wird. Weiter erklärte das Gemeindeoberhaupt, dass im Rahmen der notwendigen Sanierung der Gemeindehäuser in der Sonnenstraße Sozialwohnungen geschaffen werden, die dem Stand der Zeit entsprechen. In diesem Zusammenhang informierte er auch, dass dem Markt für diese Maßnahme Förderprogramme zugute kommen. Zur Asylpolitik und damit dem Thema, das die Bevölkerung aktuell wohl am meisten beschäftigt, führte Robold aus, dass die Asylverfahren der 33 ersten Asylanten, die Ergoldsbach bereits vor vier Jahren zugewiesen bekommen hatte, noch immer nicht alle abgeschlossen seien. Das Gemeindeoberhaupt betonte die Leistung, die die 35 Landkreisgemeinden in diesem Zusammenhang vollbracht haben, erklärt aber auch, dass er sich, wie auch viele andere Kommunalpolitiker, von der Landes- und der Bundesregierung im Stich gelassen fühlt. Ein riesen Problem in diesem Zusammenhang sei die nicht erfolgte Rückführung der abgelehnten sowie das Fehlen von Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge, erläuterte Robold abschließend.

In seiner Überleitung an den nächsten Redner kritisierte auch der Ortsvorsitzende die Regierung, der laut Meinungsumfragen die Mehrheit der Bevölkerung die Beherrschung der Flüchtlingskrise abspricht. Viele dieser Menschen fürchten für die Zukunft um die soziale Ausgewogenheit in Deutschland.

Landrat Peter Dreier bedankte sich für die klaren und deutlichen einleitenden Worte beim Ortsvorsitzendem und erklärte, dass das, was manche Politiker aktuell praktizieren nicht auf das Wohl der Bürgerinnen und Bürger ausgerichtet ist. Auch wenn kein Thema die Menschen so sehr bewegt wie die Asylthematik, lies es sich der Landrat nicht nehmen, auch andere Themen anzuschneiden. So führte das Oberhaupt des Landkreises zur Infrastruktur aus, dass die für Landshut wichtige Ost-Süd-Umfahrung samt Querung der Isar unbedingt in den Verkehrswegeplan mit aufgenommenen werden müsse. Sollte dies in der aktuellen politischen Konstellation, mit einem bayerischen Verkehrsminister im Bund, einem Landkreisabgeordnetem, der im Bundesverkehrsausschuss sitzt sowie einer Landesregierung die dies befürwortet, nicht möglich sein, wird es wohl nie eine Weiterführung der B15neu geben.

Zur Bildungsregion Landshut konnte Dreier zwar ein positives Bild zeichnen, doch betonte er in diesem Zusammenhang auch die enormen Kosten, die der Landkreis als Sachaufwandsträger zu leisten hat. Über den notwendigen Ausbau der medizinischen Versorgung der Krankenhäuser im Landkreis, der nur aufgrund des derzeitigen guten Steueraufkommens zu stemmen ist, kam Dreier zum Haushaltsplan. Hier musste der Landrat bemängeln, dass einige Fraktionen gegen ihn propagieren und ihm der hohe Schuldenstand, der ihm bei der Amtsübernahme von einer dieser Gruppierungen übergeben wurde, vorgeworfen werde. Auch führen Parolen wie die Förderung des sozialen Wohnungsbaus durch den Kreis nicht weiter, da der Landkreis zum einen hierfür gar nicht zuständig ist und die Zeche durch die Kreisumlage zum anderen wieder alle Landkreisgemeinden zahlen müssten. Als letzten Punkt zum Haushalt erklärte Dreier, dass, obwohl der Freistaat Bayern 4,5 Milliarden Euro für die Flüchtlingskrise zur Verfügung stellt, allein der Landkreis Landshut im Jahr auf weiteren rund fünf Millionen Euro sitzen bleibt, die von keiner Stelle erstattet wird.

Die größte Herausforderung in Flüchtlingsangelegenheiten seit dem Ende des zweiten Weltkriegs bekam der Kreis bereits vor fünf Jahren zu spüren, als 150 Asylanten in der Gemeinschaftsunterkunft in Geisenhausen untergebracht wurden. Dreier erklärte, dass die Situation nach der Einladung der Bundeskanzlerin im September 2015 wirklich dramatisch wurde und dass die dringend notwendige Revision dieser Zusage bis heute aussteht. Bereits im Oktober wies Dreier in einem Telefonat Angela Merkel darauf hin, dass die Kapazitäten im Landkreis zu erschöpfen drohen. Die Kanzlerin erklärte in dem Gespräch ihre drei Lösungsansätze um aus der Krise zu kommen: Die Türkeipolitik, die Hot Spots und die Solidarität der EU-Staaten. Gegen den Vorschlag des Landrates, bei einer Überstrapazierung der Landkreiskapazitäten im Hinblick auf die menschenwürdige Unterbringung von Asylsuchenden, einen Bus nach Berlin zu schicken, hatte die Bundeskanzlerin nichts einzuwenden. Sie entgegnete hierzu nur, dass hierfür die Anmeldung am Vortag wünschenswert sei. Anfang Januar trat dieser Fall ein und Dreier hielt sich an die Vereinbarung mit der Regierungschefin. Aus rechtlichen Gründen kamen für diese Fahrt allerdings nur so genannte Fehlbeleger in Frage, also anerkannte Flüchtlinge, die freie Wohnsitzwahl haben und sich zudem freiwillig zu dieser privat finanzierten Fahrt meldeten, da sie lieber in einer Großstadt leben wollten. Auch wenn diese Aktion dem Steuerzahler nichts kostete geben verschiedene Gruppierungen nicht auf und versuchen bis heute eine vielleicht versteckte Belastung für den Steuerzahler zu finden um den Landrat verunglimpfen zu können und so vor allem von den eigentlichen Problemen abzulenken.

Der Zuspruch vieler Kommunalpolitiker und die weitgehend positiven Rückmeldungen von Bürgern aus der ganzen Republik zeigten Dreier, dass diese Aktion auf jeden Fall richtig war. Fakt ist, die Kapazitäten sind ausgereizt und jede Woche werden dem Landkreis neue Asylbewerber zugewiesen. Um die Situation zu entschärfen, erklärte der Landrat weiter, wurde ein Antrag auf Aussetzung von Zuweisungen neuer Flüchtlinge gestellt. Dieser wurde jedoch abgelehnt, da der Landkreis trotz voller Quartiere ein rechnerisches Defizit hat. Dieses Defizit entsteht, da anerkannte Flüchtlinge nicht mehr in der Statistik erfasst werden. Dass diese Menschen nach der Anerkennung nicht einfach auf die Straße gesetzt werden können, interessiere in der Regierung niemanden, so Dreier.

Um weitere Unterkünfte zur Verfügung stellen zu können und das Konfliktrisiko, das entsteht, wenn Schulturnhallen in Unterkünfte umfunktioniert würden, zu vermeiden, untersucht der Landkreis seit Monaten alle leerstehenden Gewerbeimmobilien im Kreis auf deren Eignung als Unterkunft.

Eine der letzten zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, die dem Landkreis auch angeboten wurde, war die ehemalige Diskothek Extra, wobei diese aufgrund der Sanierungsbedürftigkeit des Gebäudes allerdings primär zur Essensausgabe und für Sozialräume genutzt werden wird. Untergebracht werden die bis zu 350 Asylanten in Containern auf dem Gelände, erklärte Dreier weiter.

Auch dem Asylpaket II konnte der Landrat wenig Positives abgewinnen. Zum einen wirken die Maßnahmen bestenfalls in ferner Zukunft und zum anderen sind von den Regelungen des Familiennachzuges nur die als subsidiär schutzbedürftig eingestuften Asylsuchenden betroffen. Im Landkreis Landshut seien dies von den rund 2100 Asylbewerbern gerade einmal sechs Personen. Alle anderen können nach wie vor Familiennachzug beantragen, was für 400 Personen auch bereits geschehen ist. So berichtete der Landrat auch von einem Syrer, der nach seiner Anerkennung seine Frau und sieben Kinder nachholte. Da für alle nicht ausreichend Platz in der Unterkunft zur Verfügung stand ist die Familie in die Gemeinschaftsunterkunft nach Velden gezogen, der Syrer selbst habe sich allerdings in Cottbus eine Wohnung gesucht. Zum Ende seines Vortrags fragte sich Dreier, was wir unseren Kindern und Enkeln einmal sagen werden, wenn sie fragen: Warum habt ihr diese Politik der Bundeskanzlerin nicht gestoppt?

Zum Ende der Veranstaltung appellierte Schweiberger an alle, die die Macht haben Einfluss zu nehmen, dies auch zu tun und forderte die Bürgerinnen und Bürger auf sich ihrer Macht als Wählerinnen und Wähler bewusst zu sein und aus der Wählerschaft Druck auf die Verantwortlichen aufzubauen. Mit der Frage, wo Solidarität aufhört und Heuchlerei anfängt verabschiedete sich auch der Ortsvorsitzende von den Zuhörern. Abschließend erhielt jede Frau, die am Valentinstag den Weg zum politischen Frühschoppen gefunden hatte als kleines Geschenk noch eine Rose als Überraschung überreicht.